07.09.2015

Dom (4545m) über Festigrat, inkl. interessantem Fund auf dem Grat

Kategorie Hochtouren | Wer Manuel Meier, Lukas Mathis | Region Schweiz, Wallis, Oberwallis
Dauer 3 Tage | Aufstieg 3400m | Abstieg 3400m | Schwierigkeit   Wandern  T4+  Hochtour  WS+
Route Randa - Domhütte - Dom - Domhütte - Randa
Publiziert 09.09.2015 13:50

Der Dom gehörte schon immer zu meinen Wunschzielen. Gut akklimatisiert von unserer Rimpfisch-Allalin-Tour von vor einer Woche, sprach also nichts mehr gegen ein herbstliches (und damit menschenarmes) Gipfelerlebnis am Dom.

Der Hüttenzustieg zur Domhütte ist dank guter Signalisation (zuweilen durchaus auch etwas übertrieben für meinen Geschmack) einfach zu finden und ähnlich wie der Mischabelhütten-Zustieg mit reichlich Metall versehen (T4).

Da wir die grosszügige Wegweiserzeit von 4:30h deutlich unterboten, blieb genügend Zeit, um den Gletscherzustieg zu rekognoszieren. Momentan gibt es diverse mögliche Routen. Einerseits kann man im Geröll bis über die Spaltenzone steigen und dann den Festigletscher auf etwa 3360m betreten. Als alternative gibt es momentan auch eine gut erkennbare Spur, die ab ca. 3250 über den Gletscher führt, dabei müssen allerdings 3 Spalten etwas ausgesetzt durchkraxelt werden. Just als wir die Situation am beurteilen waren, schleppten sich zwei ausländische Bergsteiger mit lebensgefährlichen Seilverkürzungen (nicht abgeknüpft) den Gletscher hinunter - um ca. 17:00. Schlecht ausgebildete/vorbereitete Bergsteiger gehören anscheinend zum Dom, wie der Bart zum Samichlaus. Später erfuhren wir, dass besagte Seilschaft "aus versehen" über den Festigrat aufgestiegen war, da sie sich im Fels unterhalb des Festijoch verstiegen hatten und dann etwas oberhalb auf dem Festigrat landeten und nicht wieder zurück wollten.

Die Moral der Geschichte: Es ist sicherlich gut, sich am Vortag ein Bild der Situation zu machen, auch wenn wir es so auf beinahe 2000 Höhenmeter an diesem Tag brachten.

 

Am folgenden Morgen machten sich in der Hütte 3 Seilschaften und 2 Solisten für die Normalroute und 3 Seilschaften für den Festigrat bereit. Momentan wird in der Hütte um 3 Uhr geweckt.

Obwohl wir nicht hetzten, fanden wir uns am Kopf des Feldes wieder und suchten unseren Weg durch das Geröll oberhalb der Domhütte. Das Kundschaften am Vortag zahlte sich dabei aus, zumal der Mond nur noch als magere Sichel am Himmel stand. Hinter uns konnten bereits jetzt erkennen, wie einige Lichter auf Abwegen durch das Geröll irrten.

Im Aufstieg seilten wir uns unterhalb der Spalten an und stiegen bis unter das Festijoch hoch. Noch immer in  Dunkelheit fanden wir den neuen Einstieg (etwas oberhalb der Falllinie vom Joch) problemlos und stiegen den ca. 4 Bohrhacken entlang zuerst etwas nach links, dann gerade und dann wieder etwas nach links ins Joch hoch. Die Steigeisen liessen wir dabei an den Füssen.

Nach kurzer Pause und nun am kurzen Seil steigen wir nun den Festigrat hoch.

Fels betreten muss man dabei momentan so gut wie nie, dafür macht der vorhandene Pulverschnee das Gehen nicht gerade weniger anstrengend. Die berüchtigte Schlüsselstelle war bei diesen Verhältnissen problemlos zu begehen und bald waren wir auf dem folgenden Felskopf auf ca. 4150m angekommen.

Da gab es plötzlich neon-farbigen Kontrast zum sonst einheitlichen Weiss des Schnees: Ein scheinbar neues 50m Halbseil lag in einem wirren Durcheinander vor unseren Füssen. An einem Ende war ein Achter geknöpft, als hätte jemand abseilen wollen damit.

Etwas verwirrt warteten wir kurz auf einen Bergführer, der mit seinen beiden Kunden einige Meter hinter uns herstieg und fragten ihn, ob er sich vorstellen könne, was hier geschehen sei, doch auch er konnte sich nicht wirklich eine sinnvolle Geschichte zusammenreimen, warum jemand sein Seil mitten im Festigrat liegen gelassen haben sollte, zumal wir an diesem Tag als vorderste Seilschaft unterwegs waren.

Wir beschlossen, das Seil einzupacken und stiegen etwas mühsam in den stark verwehten Spuren dem Gipfel entgegen. Ab 4150m wird der Grat merklich flacher und so konnten wir auch die Aussicht etwas mehr geniessen.

5h nach Abmarsch in der Domhütte erreichten wir um 8:45 bei sehr kalten und extrem Windigen Bedingungen den Gipfel. Unter diesen Umständen verzichteten wir (wie auch die foglende Seilschaft) darauf, den spitzig aufgeblasenen Grat zum Kreuz zu überqueren - zumal der flächere Gipfel (momentan) höher ist.

Im Abstieg auf der Normalroute kreuzten wir auf rund 4100m die letzte aufsteigende Seilschaft, sie sollten erst kurz vor dem Nachtessen zurück in der Hütte sein. Die beiden Solisten ihrerseits gingen mit rund 300m Abstand auf dem spaltenreichen Gletscher - nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn der hintere in einer Spalte verschwunden wäre.

Der Abstieg über die Normalroute war gut gespurt von einem Bergführer und führte uns in angenehmer Distanz an den Eisbrüchen vorbei. vom Festijoch stiegen wir auf der Aufstiegsroute ab, auch wenn man natürlich hätte abseilen können. Auf dem Festigletscher trafen wir auf zwei Briten, die gerade dabei waren, ihr Zelt auf(!) dem Gletscher aufzubauen. Dies obwohl es gute Biwakplätze oberhalb der Hütte gibt und auch ohne Halbpension in der Domhütte übernachtet werden kann.

Nach pausenreichem Abstieg, erreichten wir um 13:00 die Domhütte wieder und genossen einen sonnigen Nachmittag über dem Mattertal. Nach und nach trafen die anderen Seilschaften in der Hütte ein. Einige konnten sich kaum mehr auf den Beinen halten. Der ohnehin lange Aufstieg war im momentan liegenden Neuschnee sicherlich noch etwas anstrengender gewesen als üblich. Dafür waren die Schneebrücken dank der kalten Temperaturen bis am Abend stabil geblieben.

 

Wir können auf eine tolle Bergtour zurückschauen. Die Entscheidung, die Tour in 3 Tagen zu machen und erst am folgenden Morgen abzusteigen, bereuten wir nicht. Es wäre sicherlich kein Genuss gewesen noch 1600m ins Tal abzusteigen und sowieso fühlten wir uns in der Domhütte sehr wohl. Der Service war nett und trotzdem souverän und gut organisiert.

Das Mysterium um das Seil konnte auch in der Hütte nicht geklärt werden. Zwar war von 2 vermissten Bergsteigern die Rede, allerdings im Hüttenabstieg und auch wir konnten an der Fundstelle keine unüblichen Spuren im Schnee erkennen. 


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